Der historistische denkmalgeschützte Bestand des Landesgerichts für Strafsachen und Staatsanwaltschaft Graz wird um einen viergeschossigen Zubau mit drei eingeschnittenen Höfen in den Obergeschoßen erweitert. Es entsteht eine neue Nutzfläche von 2.670 m².
Ein strukturell eindeutiges Bauvolumen wird zwischen die Bestandsgebäude gesetzt. Ziel des Projekts ist, die gegebenen Anforderungen im Bestand wie auch die Bauaufgabe des Neubaus in Form einer klaren räumlichen und städtebaulichen Struktur mit hoher innenräumlicher Qualität abzubilden. Die Grundstruktur bezieht sich aus der dem Raumprogramm innewohnenden Körnung seiner Funktionsbereiche – allen voran den großteiligen Verhandlungssälen und der Serie an gleichteiligen Büroräumen. Die daraus entwickelte Charakteristik des linearen Baukörpers mit präzise gesetzten Einschnitten und Vorsprüngen als bauplastische Abbildungen des Funktionsprogramms bildet einen identitätsstiftenden Baukörper innerhalb des bestehenden Gebäudeensembles.

Die drei eingeschnittenen Höfe im 1. und 2. OG stellen die Belichtung des Bestandsgebäudes bis ins EG sicher. Dadurch lässt der Baukörper eine klare städtebauliche Figur zu. An der Südfassade dehnen sich der Schwurgerichtssaal und die zwei Verhandlungssäle vor die Fassade aus und ermöglichen in den beiden unteren Geschoßen die erforderlichen Trakttiefen – die Säle werden zum prägenden bauplastichen Element in der Gesamtfigur.

Ein Filtermauerwerk umschließt diese vor die Fassade greifenden Gebäudeteile. Es ermöglicht die Belichtung der Säle und einen atmosphärisch gedeckten Ausblick ins Grüne. Gleichzeitig sind die Räume durch die Kleinteiligkeit der Steine vor unerwünschten Einblicken geschützt. Die drei nördlich gelegenen Wartebereiche liegen unter den drei Höfen und erhalten durch die dort gesetzten Oberlichter ein sakral anmutendes, zenitales Himmelslicht von oben. Gleichzeitig sind sie durch den Baukörper vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt. Auch hier wird die Vormauerung eingesetzt um einen gefilterten Ausblick Richtung Bestand zu ermöglichen und räumliche Orientierung zu geben.

Die Verbindungsbrücken in den Bestand werden an zwei Stellen gebündelt, um die Verschattung des Bestandes zu minimieren: Der westliche Steg erschließt im EG den öffentlichen Haupteingang; der östliche, zwei-geschoßige Steg verbindet im EG mit der Justizanstalt und im OG1 mit der Staatsanwaltschaft. Die Lage der Brücken schreibt die Erschließungsstruktur der Bestandsgrundrisse auf logische Weise fort, ohne große Umbauten notwendig zu machen. Im EG werden die Bereiche der Justizanstalt angeordnet, entlang des Gangs organisieren sich die drei Säle. Dazwischen weitet sich die Erschließungszone auf und bildet geschützte und räumlich voneinander getrennte Nischen als Wartebereiche aus.

Die Gebäudestruktur basiert auf einer rationalen Sortierung und Zonierung der Flächen: ein Richtung Bestand orientiertes Rückgrat dienender Funktionen und Nebenräumen gen Norden und eine lineare Organisation der Nutzflächen in Richtung Süden. Im 1. und 2. OG bringen die eingeschnittenen Höfe Licht in die Gänge und werten einige Nebenräume (Teeküche, Bibliothek, Druckerraum) durch Tageslicht auf. Im östlichen Hof, Richtung Justizanstalt, werden diese Zonen in satiniertem Glas ausgeführt, um vor Einblicken zu schützen.

Durch den linearen Baukörper bleibt der südöstliche Teil des Baufelds frei. Eine großzügige, unversiegelte Grünfläche als ruhiger und vor sommerlicher Überhitzung geschützter Freiraum entsteht – ein Kleinod als kühler und schattiger Rückzugsort, eine Terrasse als Treffpunkt für die MitarbeiterInnen im Innenhof in unexponierter Lage. Eine dichte Baumbepflanzung schafft ein stadtklimatisch angenehmes Umfeld und schützt vor Einblicken. Das Tiefparterre erhält Richtung Süden auf Fußbodenniveau abgesenkte Terrassen. Die Büros erhalten dadurch einen freien Ausblick ins Grüne und präsentieren sich trotz ihrer Lage im Souterrain als hochwertige „Sunken Studios“

Zeitraum: 2023-2026
Auftraggeber: BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
Adresse: Conrad-von-Hötzendorf Straße 41,
8020 Graz
Mitarbeit: Ajdin Vukovic
Linda Engelhardt
Natalie Burkhart
Auszeichnungen: EU-weit offener Wettbewerb, 1. Preis
Fotos: Patricia Bagienski - Grandits
Status: in Planung